Klub der Löwinnen 8 Von Spectator2 Propertius@web.de Malús Beziehungsleben wird noch komplizierter, Murat erhält eine Lektion und die Löwinnen sind auf der Suche nach neuer Beute. ****************************************************************************** ** Der Mann, der Laura als erster unter das Gewand gefasst hatte, bewegte sich langsam wieder. Laura drückte ihre Zigarette auf dem Oberkörper des Kellners aus, ging hinüber zu dem Mann, stellte sich breitbeinig über ihn und öffnete ihr Top. Sie grinste bösartig: „Na, gefalle ich dir noch?", fragte sie. Der Mann stöhnte. „Keine Antwort ist auch eine Antwort. Außerdem sehe ich es." Sie deutete auf seine Hose, die an einer bestimmten Stelle eine Ausbeulung zeigte. „Tu dir keinen Zwang an!" Anschließend öffnete sie seine Hose und griff hinein. „Der ist also schon wieder lebendig." Der Mann grunzte. Auf der einen Seite war er sichtlich heiß auf Laura, auf der anderen hatte er Angst vor ihr. Unsicher griff er nach ihren Armen. Sie stand auf, ließ ihn los und zog ihr Top aus. „Na? Möchtest du mal anfassen?" Sie beugte sich so weit nach unten, dass ihr Busen beinahe sein Gesicht berührte. Der Mann tastete langsam in die Richtung. „Laura! So schnell kommen hier zwar keine Bullen, aber irgendwann doch!", rief Lea ihr zu. „Wenn du spielen willst, dann irgendwo, wo dich keiner sieht." „Bin schon fertig!" rief Laura zurück. Inzwischen knetete der Mann ihren Busen. „Hab ich gesagt, du darfst?", bellte sie ihn an. Ihre Faust schnellte gegen seine Kehle, sodass er erneut bewusstlos wurde. Die Mädchen tranken ihre Gläser aus und verließen das Lokal. „Meinst du nicht, du bist ein bisschen zu weit gegangen?" fragte Lisa draußen Laura. „Die Schweine haben jeden einzelnen Schlag verdient", antwortete die. „Klar, gegen Verprügeln hab ich ja noch nie was gehabt. Aber..." „Dass ich ihm an den Schwanz gefasst hab? Der hatte ja bloß ein Problem damit, dass nicht er entscheidet, was abläuft. An sich hätte der ja gern selber mit mir rumgemacht, wenn er der Chef gewesen wäre." „Trotzdem gibt es Grenzen: Wir sind Löwinnen, keine Schweine", mahnte auch Lea. „Das bedeutet erstens ein Duell, zweitens kann ich das unterscheiden: Ich geh nicht einfach irgendwem, weder einem Mann noch einer Frau, unter die Wäsche, nur weil ich kann – das würde ein Schwein tun – sondern ich lasse Schweine ihre eigene Medizin schlucken. Das kann eine Löwin machen, finde ich." Lea und Laura duellierten sich noch am selben Abend bei Laura zu Hause. Beide holten sich einige Blessuren und landeten mehrmals am Boden, standen aber wieder auf. Am Ende siegte aber Lauras Schnelligkeit: Lea konnte einem Kick ausweichen und den folgenden Faustschlag blocken, doch im selben Moment traf Lauras Fuß ihre Schläfe und sie fiel zu Boden. Noch war sie nicht k.o., doch es genügte, dass Laura sie in den Würgegriff nehmen konnte. Lea war den ganzen Abend enttäuscht, sprach kaum und beteiligte sich auch nicht am allgemeinen Jubel beim Film, wenn Gina Carano ihre männlichen Gegner wieder einmal zu Boden schlug. Diese Art ihrer Freundin war für Malú neu – sie hatte Lea allerdings auch noch nie so eindeutig einen Kampf verlieren sehen. Lisa flüsterte nach dem Film Malú zu, ob man Lea wirklich zumuten sollte, den Kampf nochmals zu analysieren. Es war schließlich Selina, die damit begann: „Ich finde, die Lea hat gar keinen echten Fehler gemacht. Du, Laura, hast ein Tempo vorgelegt, bei dem jeder andere sich schwer getan hätte." „Sehe ich auch so", gab Lisa ihr Recht. „Ich glaub, das war mit der beste Kampf von dir, den ich je gesehen hab. Ich bin nicht sicher, ob du, Lea, die Laura überhaupt voll getroffen hast." „Ich glaub nicht." „Also die übliche Frage..." „Ich seh‘ bloß eine Möglichkeit: Gleich am Anfang versuchen, sie zu überraschen und dann meinen Stil durchziehen", antwortete Lea sachlich. „Bei uns beiden gewinnt, wer die Initiative übernehmen kann. Revanche kommt schon noch." Von diesem Streit abgesehen verstanden sich die Löwinnen in der folgenden Zeit gut und freuten sich auf die Geburtstagsfeiern bei Malú und Selina. Malús Beziehungsprobleme verschärften sich allerdings leicht, da sie Murat scharf kritisierte, weil er seine Schwester Fatma wie eine Sklavin behandelte. Einmal, als Murat Fatma wieder einmal in den Keller schickte, mischte Malú sich direkt ein: „Der kann selber laufen." „Hier in der Wohnung lässt du gefälligst mich entscheiden!" „Nein!" „Malú, was soll das? Hab ich mich eingemischt, wie du mit deinem Bruder umgehst?" „Ich schick meinen Bruder bloß aus dem Zimmer, wenn du da bist – und zum Kippenholen, weil ich selber keine kriege. Aber ich mache ihn nicht uns bedienen" „Aber du kommandierst ihn ziemlich herum." „Weil ich kann." „Und ich kann auch – hier zumindest." „Nein, Schatz! Du kannst, wenn ich dich lasse. Und ich lasse dich nicht." Sie stellte sich auf. Murat seufzte. „Also, willst du oder nicht? Du willst der Starkere sein und du willst mich, obwohl du weißt, dass ich bin Stärkere. – Willst du kämpfen oder willst du nicht?" Murat zögerte, doch schließlich entschied er sich: Er sprang auf und schlug zu. Malú wich aus, schlug selbst zu und traf ihn voll in den Solarplexus. Murat taumelte, Malú überlegte kurz, ob sie ihn schultern oder mit einem Kick k.o. bringen sollte und entschied sich für das erstere. Sie legte Murat hin und nahm ihn in den Würgegriff. Er gab auf. „Du warst schon besser. Ich bin ein bisschen enttäuscht", kommentierte sie. Er antwortete nicht. „Noch einmal?" Er schüttelte den Kopf. „Hast du Lust, nen Film zu schauen? Ich hab ein paar runtergeladen", fragte er stattdessen. Ihr gefiel der Film, eine schwarze Komödie, recht gut und sie kuschelte sich eng an ihren Freund, doch dies änderte nichts daran, dass ihr Respekt vor ihm gesunken war. Sie hatte das Gefühl, dass er das auch merkte, wollte aber nicht sofort mit ihm darüber sprechen. Stattdessen widmete sie sich die nächsten beiden Tage über in der Schule komplett Lea und verabredete sich auch für Samstagnachmittag nach der Arbeit mit ihr. Tim, der Geselle, wollte sie erst für Samstagabend einladen und schlug nach ihrer Absage sofort Sonntag vor. Über die Aufregung nach Carlos‘ Party hatte Malú völlig vergessen, Tim zu bestrafen. Seitdem hatte er mit ihr kaum über das Dienstliche hinaus gesprochen. Sie war sich nicht sicher, ob er von Murat wusste – nun ja, sie konnte unverbindlich vorfühlen. Lea hatte extra für ihre Freundin eine Torte gebacken, die allerdings noch nicht ganz fertig war, als Malú kam. Die bedankte sich überschwänglich. „Freu dich nicht zu früh", meinte Lea. „Meine Backkünste sind nicht die besten." Leas Torte sah denn auch nicht unbedingt wie ein Ausstellungsstück aus, schmeckte aber beiden Mädchen sehr gut. „Also erzähl", forderte Lea Malú auf. „Was soll ich erzählen?" „Es freut mich natürlich immer, wenn du kommst." Lea küsste sie. „Und ich hoffe, du kannst bis heute Nacht bleiben, aber... mit dir und dem Murat stimmt was nicht, oder?" Malú berichtete von ihrem letzten Abend bei Murat. „Hm... Was meinst du, was er gemacht hätte, wenn du einfach auf dem Kampf bestanden hättest." Malú wirkte ratlos. „Also du einfach gesagt hättest, entweder er kämpft nochmal ernsthaft oder du gehst." „Es ist mir nicht....wegen Kämpfen...ich meine, ja, ich hätte gern." „Das kannst du bei mir haben, sooft du willst. Von mir aus gleich nachher." „Gern. Ich will von dir lernen – ich will ja immer besser werden. Ich bin eine Löwin. Aber das ist das Problem von Murat: Er kann nicht verlieren. Klar, mir gefällt Verlieren auch nicht, aber Verlieren ist immer zum Lernen." „Und er sieht das nicht so. Er will der Stärkere sein. Aber trotzdem hat er sich in dich verliebt, nachdem du ihn zweimal k.o. geschlagen hast." Sie machte eine Pause. „Ich weiß nicht so recht, ob ich mich darauf freuen oder Angst haben soll, wenn ich eines Tages unter dir liege und aufgeben muss – und ich bin mir sicher, es wird kommen. Aber eins weiß ich: Ich mag dich." Sie küsste Malú, die den Kuss leidenschaftlich erwiderte. „Ja, Löwinnen haben keine Angst und Löwinnen sind ehrlich", fuhr Lea fort. „Ich hab das Gefühl...du musst ihm mal klar sagen, dass du ihn für einen Feigling hältst. Entweder lässt er das auf sich sitzen oder er muss dir zeigen, dass er keiner ist. – Aber, apropos ehrlich: Es fällt mir schwer, dir da Tipps zu geben, aus Gründen, die du sehr gut kennst, Süße." Malú wurde rot. „Aber wir..." „Ich mach dir keinen Vorwurf. Aber sei du auch ehrlich: Was empfindest du für mich? Willst du dich bei mir nur ausweinen oder mehr?" Malú sah in Leas Gesicht. Lea zog ihren Pullover aus und öffnete die oberen Knöpfe ihrer Bluse. „Ich...ich liebe dich." Malú griff unter Leas Bluse und küsste sie. „Ich weiß, dass ich selber gesagt hab, offene Beziehung", fuhr Lea fort. „Ich werf dir nichts vor. Aber ich hab mir Mühe gegeben, dir zu helfen und nun bitte ich dich um einen Gegengefallen, das heißt, eigentlich drei: Ruf bei dir daheim an, ob du über Nacht hier bleiben darfst, kämpf nachher nackt oder wenigstens im Bikini und red nicht mehr von Jungs, zumindest zuerst nicht mehr." „Au ja, im Bikini kämpfen ist eine tolle Idee!" „Dann mach! – Halt, wir kämpfen erst im Kampfanzug, bei jedem Mal auf dem Boden oder an der Wand ein Teil ausziehen; wer zuerst nackt ist, hat verloren, okay?" „Okay, ich bring also beides mit, Bikini und Karateanzug." Malú zog sich Schuhe und Jacke an und Zu Hause bekam sie zwar Vorwürfe, weil sie nicht eher gesagt hatte, dass sie übernachten wollte, doch letztlich akzeptierten es die Eltern. Sie packte ihre Wäsche, ihren Kampfanzug, ihre Badesachen sowie Dusch- und Schminkzeug und Kleidung für einen gemeinsamen Abend zusammen. Schon nach 20 Minuten war sie wieder bei Lea und wenige Momente später standen sich die Mädchen kampfbereit gegenüber. Wie schon oft überließ Malu ihrer Freundin die Initiative. Lea begann mit Scheinattacken, doch auch ihren ersten ernstzunehmenden Schlägen und Tritten wich Malú gekonnt aus. Erst nach einiger Zeit wagte sie den ersten Gegenangriff, den Lea allerdings problemlos blockte. Anschließend attackierte Lea schnell, trieb Malu nach hinten, sodass diese nur die Wahl hatte, in eine Schere zu laufen oder einen Befreiungsversuch zu starten. Malú entschied sich für das Letztere, Lea schulterte sie, doch Malú landete gekonnt auf den Füßen. Die Zehntelsekunde, die sie brauchte, um wieder in Kampfstellung zu kommen, nutzte Lea für den gefürchteten Scherenangriff. Eine harte Faustattacke brachte Malú zu Boden; diese sprang zwar sofort wieder auf, doch Bodenberührung war Bodenberührung. „Pause zum Jacke ausziehen!" befahl Lea. Malú leistete Folge, stellte sich allerdings unmittelbar danach wieder in Kampfposition. Lea attackierte, Malú wich aus, machte einen kurzen Schritt seitwärts, den Lea nicht beachtete und nutzte letzteres schamlos aus: Malús Kick knallte in Leas Solarplexus wie eine Bombe, Lea ging zu Boden, Malú stürzte sich auf sie und versuchte, sie in eine Beinschere zu nehmen. Leas stahlharte Bauchmuskeln zusammenzupressen war jedoch schwerer als sie dachte. Lea rammte den Daumen in Malús Kniekehlen, sodass diese ablassen musste. Im Aufstehen riss Lea ihre Freundin von den Füßen, sodass Malú wieder auf dem Boden landete. „Okay, beide", kommentierte sie im Aufstehen sachlich – Lea hatte noch einen viel zu unsicheren Stand, um die Entscheidung zu suchen und wusste das auch. Sie stellten sich wieder auf, Malú nur noch im Bikini, Lea noch in weißer Hose. Diesmal ging der Kampf lange hin und her: Lea landete einen Hüftwurf, doch Malú landete nicht nur sicher, sondern platzierte auch einen Handkantenschlag, den Lea allerdings noch abbremsen konnte. Kurz darauf blockte sie Malus Faust trotz geschickter Täuschung, anschließend scheiterte ihr Fußfeger durch Malus schnelle Reaktion. Den nächsten Beinangriff der Freundin unterlief Lea und konnte Malú erfolgreich vom Standbein reißen. Malú stand schneller auf als Lea sich ihre nächste Attacke auch nur überlegt hatte, warf ihr Oberteil in hohem Bogen hinter sich und ging sofort wieder in Grundstellung. Entschlossen, Lea zumindest noch zum Ausziehen eines weiteren Kleidungsstücks zu zwingen, ging sie diesmal schnell in den Angriff, variierte ihre Schlag- und Trittfolgen immer schneller, bis sie schließlich Lea an der Schläfe traf. Lea landete auf dem Boden und packte die angreifende Malú gerade noch rechtzeitig bei den Armen, um eine Entscheidung verhindern zu können. Sie zog ihre Hose aus und griff nun selbst an, doch Malú konnte durch ihre Schnelligkeit abermals einen Vorteil gewinnen. Lea stand fast an der Wand, als sie Malú an den Schultern zu fassen bekam und gleichzeitig einen Fußfeger landete. Malú fiel auf die Knie und der Kampf war entschieden. „So. Wir haben nur ausgemacht, dass ich mich nicht mehr ausziehen muss, nicht, dass ich es nicht darf", stellte Lea fest. „Auf den Boden oder es geht weiter." Keines der beiden Mädchen war sich völlig im Klaren, ob das, was sie in den nächsten Minuten taten, Bodenringkampf oder Liebesspiel war. Sowohl Malú als auch Lea versuchten, sich durch geschickte Griffe und Kniffe immer wieder in die obere Position zu bringen und entsprechende Versuche bei der jeweils anderen zu unterbinden, doch keine der beiden unternahm einen ernsthaften Versuch, sich zu befreien und Küsse auf Mund, Hals und Brust gaben sie einander immer wieder. Es war schließlich Malú, die darum bat, das Ganze zu beenden: „Ich liebe es, dich nackt zu sehen und zu spüren – aber mir gefällt nicht, zu schwitzen. Dass wir duschen!" Sie taten es, zogen sich frische Kleidung an und schminkten sich neu. Als Lea aus dem Bad kam und Malú im Minirock dasitzen sah, zog sie postwendend ihre Jeans aus und Hotpants an. „Wenn du mir netterweise deine Beine zeigst..." Sie küsste Malú. „Übrigens, Kompliment: Das war heute echt knapp." „Du hättest mich bestimmt k.o. schlagen können. Außerdem, das erste Mal, dass du gefallen bist... da hast du nicht gekämpft, nicht echt." „Glaub ich nicht, können wir uns aber gleich anschauen." „Du hast..." „Bei jedem Löwinnenkampf läuft eine Kamera. Außerdem kann ich mir kaum einen schöneren Film vorstellen." „Du hast Recht." Nebeneinander auf der Couch, die Beine übereinander und die Arme um die Schultern der jeweils anderen geschlungen, betrachteten sie das Video. Immer wieder war die Kamera im Rücken der einen, doch die meisten entscheidenden Momente konnte man doch sehen. Lea stoppte bei der Stelle, als sie Malú das erste Mal geschultert hatte. „Jetzt schon?", wunderte sich Malú. „Danach habe ich zu lange gebraucht..." „Schon vorher. Dass man dich so erwischt, ist ein Wunder bei deinem Tempo – und hätte nicht sein müssen." „Du warst aber verdammt gut..." „Niemand muss sich genieren, weil er gegen eine Löwin verliert – aber du bist selber eine Löwin. So passiv wie am Anfang musst du nicht kämpfen, gegen fast niemanden – und solltest du auch nicht. Wenn du gleich ein bisschen aggressiver gewesen wärst, hätte ich dich nicht so hintertreiben können. Als du der Schere ausgewichen bist, war es zu spät: Da hab ich dich zu 95 Prozent gehabt." Sie spielten das Video weiter ab. „Und da hast du..." kommentierte Malú die Stelle ihres ersten Treffers. „Da hab ich die Augen nicht von deinem Busen lassen können, anstatt auf deine Füße zu schauen, ich weiß. So was darf keinem passieren, der dich kennt", antwortete Lea zerknirscht. „Aber der Gegenfehler kommt gleich." Sie brach bei Malús Beinschere ab. „Zum Glück hab ich ein paar ganz nützliche Bauchmuskeln. - Aber das weißt du auch. Gegen Stärkere ist so was riskant – da mach lieber nen Würgegriff oder nen Handkantenschlag. Aber, trotz allem: In dem Moment warst du so knapp dran wie nie, mich k.o. zu kriegen." „Weil du nicht aufgepasst hast." „Niemand passt immer hundertprozentig auf. Wichtig ist: Gegen dich reicht es nicht, Anfängerfehler zu vermeiden." Lea ließ weiterlaufen bis zum Ende. „Hier: So, wie du hier angegriffen hast, so hättest du gleich anfangen müssen, dann hätte das ganz anders laufen können. Da hattest du's fast bis zum Schluss in der Hand – aber dann warst du dir wieder zu sicher. Ich hab mir noch kurz davor gedacht, du gleichst wenigstens aus. Respekt jedenfalls, du warst echt gut. Ich schätze, wenn es das nächste Mal ernst wird, hat dein Gegner ebenso wenig zu lachen wie meiner. – Ach ja, apropos ernst..." „Hast du was gesehen?" Malús Augen leuchteten. „Ich weiß noch nicht. Ist dir bei der Miri in letzter Zeit nichts aufgefallen?" „Was denn? Sie war bis Mittwoch krank." „Und vorgestern und gestern völlig verdreht. Glaub nicht, dass das Zufall ist." „Meinst du, dass...?" „Ich weiß nicht. Ich bin an sie nicht richtig rangekommen. Versuch's du auch mal, sei so lieb." „Ich kenne sie auch nicht gut, aber vielleicht... Mal sehen!" „Muss natürlich nicht sein, dass wir ihr helfen können, aber versuchen sollten wir's." Immer noch eng ineinander verschlungen schauten sie nochmals ihr eigenes Video und anschließend zwei weitere Filme an und landeten schließlich gemeinsam in Leas Bett." Malú traf sich am nächsten Tag mit Tim. Sie unterhielten sich und tranken Kaffee, kamen einander aber kaum näher. Tim erzählte, dass er ebenfalls Karate gemacht, aber kurz vor dem Realschulabschluss aufgehört hatte. „Ich war auch nie wirklich gut. Gegen dich würd ich mich womöglich blamieren." „Du kannst dich nie blamieren. Du kannst verlieren und was lernen, aber das ist kein Blamieren." Tim fragte sie nicht direkt, ob sie einen Freund hatte und sie war froh darum. Auch sonst wirkte er ziemlich schüchtern, auch wenn er sicher an ihr interessiert war. Sie ließ sich nur auf harmlose Spielereien wie Fußeln unter dem Tisch ein und gab ihm am Abend ein Küsschen zum Abschied, was ihn leicht rotwerden ließ. Am Montag versuchte sie, Miriam allein zu erwischen, doch die hielt sich zwar oft in der Nähe von Malu und Lea auf, verschwand aber schnell, wenn eine der beiden auf sie zuging oder gab nur einsilbige Antworten. Murat war in beiden Pausen nicht zu sehen, doch nach der Schule fing er Malu bei den Fahrrädern ab. „Wir müssen reden." „Gern. Entweder kommst du gleich mit zu mir oder ich zu dir oder heute Abend. Ich hab bis sechs Training." „Ich bis halb sechs." Er überlegte kurz. „Komm am besten gleich mit!" Sie fuhr mit zu ihm nach Hause. Fatma war zwar auch da, verzog sich aber schnell in ihr Zimmer, als Murat sie nur scharf ansah. Er selbst brauchte allerdings mehrere Ansätze, bis er endlich sprach. „Was... was hab ich dir getan?" „Wie kommst du darauf?" „Ich hab das Gefühl...du und die Lea... und gestern." „Was war gestern?" Murat wurde rot. „Okay, der Aydin aus der 9c hat dich mit nem Typen gesehen." „Das war ein Kollege. Kann sein, dass der sich für mich interessiert, aber ich nicht für ihn." Sie war froh, dass er das Thema Lea nicht weiter vertiefte. „Der lästert auch, von wegen, du bist ne Nutte und bi. Am Mittwoch kämpfen wir... wegen dir." „Was sagt der? Zu dir..." „Der sagt das womöglich noch zu allen anderen, die ich kenn." „Das soll er gefälligst zu mir selbst sagen." „Sag mal, wie steh... wie stehen wir denn da, wenn alle das glauben?" „Wenn er sich erst einmal traut, das allen zu sagen. Außerdem: Er sagt über mich etwas, also regle ich das mit ihm. Du weißt, dass ich es kann." „Malu?!" „Ja, so heiße ich." „Liebst du mich noch?" „Was soll die Frage?" „Wenn du mich liebst, dann bitte, lass mich nicht schlecht dastehen!" „Lass mich nicht schlecht dastehen, nicht schlecht dastehen, nichts sonst?" „Das ist...Es geht um meine Ehre...Du bist Spanierin, verstehst du das nicht?" „Ich verstehe, was Ehre bedeutet. Deshalb werde ich mit Aydin reden und wenn er das nicht zurücknimmt, mit ihm kämpfen." Am Mittwoch fand der Kampf zwischen Murat und Aydin statt. Malu kam einige Minuten zu spät, da sie nicht rechtzeitig vom Training wegkam. Sie hatte vorher schon eine SMS an Gökhan geschickt, in der sie erklärte, sie wolle auf Murat setzen. Als sie das Bahngelände erreichte, war der Kampf schon im Gange. Sie war sich zwar nicht sicher, welche Kampfsportart Aydin betrieb, doch immerhin war er in der Lage, Murat ernsthaft zu fordern. Schon traf er ihn mit der Faust an die Kehle. Murat schwankte, Aydin schlug noch einmal zu, doch Murat konnte blocken. Gut zehn Minuten dauerte der Kampf und jeder der Jungen ging einmal zu Boden, bis Murat schließlich Aydin überlisten konnte: In einem unbeobachteten Moment brachte er ihn mit einem Hebel von den Beinen und nahm ihn gekonnt in den Würgegriff. Murat saß optimal platziert, sodass selbst ein noch besserer Kämpfer als Aydin wenig Chancen gehabt hätte, sich zu befreien. Malu notierte im Geiste, dass sie, sollte sie je wieder ernsthaft mit ihrem Noch-Freund kämpfen müssen, eine solche Situation unbedingt vermeiden musste. Zu Hause stellte Malu fest, dass sie eine Chatnachricht von Lea hatte: Die hatte endlich Miriam zum Reden gebracht. Sie hatte zwar nur die Hälfte verstanden, da Miriam die ganze Zeit geweint hatte, doch klar war, dass Miriam von einer Gruppe Jungen angegriffen worden war. Ob sie regelrecht vergewaltigt oder nur begrapscht worden war, hatte sie ebenso wenig sagen wollen wie, was sie bisher unternommen hatte. Wo es passiert war, hatte Miriam zwar gesagt, Lea aber nicht verstanden. „Ich lade sie ein und dann können wir reden", versprach Malu. „Ich glaube nicht, dass die Bande nur einmal dort war." „Sehe ich genauso", kam Leas Antwort. „Und danke dir. Hoffe, sie kommt – ich hab das Gefühl, sie hat Angst vorm Murat." Malu lud Lea außerdem zum Kampf mit Aydin ein. Miriam war sichtlich überrascht, von Malu zu deren Party eingeladen zu werden, doch sie freute sich. Sehr viel über sich selbst sprach sie allerdings nicht. Der Kampf zwischen Malu und Aydin stieg wie ausgemacht am folgenden Abend. Die Clique um Murat und Gökhan war fast komplett erschienen, ebenso wie Lea und Laura. Malu ließ Aydin zuerst attackieren, blockte lässig zwei Schlagversuche, wich einem dritten aus und hob ihn bei seinem ersten Beinangriff vom Standbein. Aydin fing sich gerade noch, konnte aber nicht auf Malu achten, deren Bein im nächsten Moment in seinen Magen knallte. Er stürzte zu Boden und blieb liegen. Malú stellte sich kampfbereit über ihn, griff aber nicht an. Gökhan begann zu zählen. Erst deutlich nach „zehn" stand Aydin langsam auf, während Malú längst Glückwünsche empfing. Auch Aydin gab ihr die Hand: „Glückwunsch! Du bist verdammt gut – und brutal." „Das darfst du gern über mich sagen. Das andere nicht – du verstehst?!" „Okay." Gökhan kam auf sie zu. „Du hast gemerkt, ich bin der Chef hier. Und ich kämpfe eigentlich nicht mit Mädchen, weil die anderen Jungen schon nicht viel Chancen haben. Aber nach dem Kampf heute muss ich." „Kein Problem. Sag mir wann und wo?" „Nächste Woche irgendwann, wieder hier." „Du traust dich!", war Murats Kommentar. „Claro traue ich mich. Warum du nicht? Ich denke, du hast Ehre." „Weil ich gegen den Gökhan keine Chance habe – und gegen dich genauso wenig. Oder ist dir der Unterschied zwischen deinem Kampf heute und meinem gestern nicht aufgefallen?" „Doch. Aber ist dir nicht aufgefallen, dass du im Herbst noch gegen mich Chancen hattest? Du lernst nur, wenn du gegen Bessere kämpfst. Aber ich bin sicher, auch ich kann von dir lernen. Deinen Würgegriff krieg ich nicht so hin." „Nur nützt mir das nichts, weil ich gegen dich gar nicht bis zum Würgegriff komme", widersprach Murat. „Sehen wir – und wenn, dann machen wir die Position so, dass es geht. Aber wir versuchen heute noch."