Klub der Löwinnen 5 by Spectator2: mailto: Propertiusweb.de Carlos erhà¤lt sein erstes Privattraining und Malú zwei Herausforderungen und einen Ernstfall Malú merkte, dass ihr Bruder sich bedeutend wohler fühlte, als sie nach Hause gingen. Auch ihr selbst bot sich eine unerwartete Chance: Sie würde noch an diesem Abend gleichzeitig ihr Versprechen ihm gegenüber und den Là¶winnen gegenüber wahrmachen. "žErste Trainingsstunde", bestimmte sie, kaum dass sie nach dem Abendessen in ihrem Zimmer waren. "žStell dich mir gegenüber." Sie war sich nicht sicher, ob er mitbekommen hatte, dass die Kamera lief. Sie zeigte ihm die Grundstellung. "žSo, und nun schlag zu!" Er tat es. Sie drehte spielerisch seinen Arm weg. "žWie du siehst, habe ich nun beide Beine und die rechte Hand frei", stellte sie fest. "žEinen Wunsch, wie du k.o. geschlagen werden willst?" Verzweifelt versuchte er mit der linken Hand einen Block, doch schon hatte Malú mit ihrer rechten zugeschlagen, gerade so fest, dass er stürzte, aber nicht k.o. ging. Gnà¤dig lieàŸ sie ihn wieder aufstehen. "žUnd jetzt du!" Carlos zà¶gerte. "žWenn ich sage, greif mich an, dann greifst du mich an. Ansonsten endet die heutige Stunde mit einem ziemlich schmerzhaften k.o. für dich", drohte sie. Sie demonstrierte nochmals, wie sie seinen Arm weggedreht hatte. AnschlieàŸend griff sie an. Er versuchte die Abwehr, doch so halbherzig, dass ihr Schlag kaum gebremst wurde. "žRichtig zugreifen, sonst tut es dir weh. Los!" Das Privattraining hatte ein deutlich hà¶heres Niveau als eine normale erste Trainingsstunde und alle zwei bis drei Minuten landete Carlos am Boden oder wurde zumindest schmerzhaft getroffen. Nach etwa anderthalb Stunden war Malú jedoch zufrieden. "žDamit kannst du schon mal jemanden überraschen. Und denk daran, im Ernst fragt auch keiner, ob ein Angriff dir weh tut. Und schau dir noch was an - du bist mein Bruder, du darfst das." Sie zog ihren Pullover und ihr T-Shirt aus. Carlos bewunderte, was er sah, doch erschrak er auch. Seit Sommer hatte er seine Schwester nicht mehr so leicht bekleidet gesehen. Ihre Arme waren muskulà¶s wie bei einem durchtrainierten Jungen und unter ihrem prallen Busen war ein Sixpack erkennbar, der sich nach unten zu einer Wespentaille verjüngte . Kein einziges überflüssiges Gramm Fett befand sich an diesem Oberkà¶rper. Allerdings wurde Malús Modelfigur durch eine Unzahl von blauen Flecken und Beulen entstellt. "žAuch ich kriege was ab, Brüderchen. Das ist nichts für Mariquitas, glaub es mir." Ausgerechnet Murat behandelte sie in der folgenden Woche fast freundlich. Am Dienstag in der ersten Pause machte er ihr einen Vorschlag: "žIch hab nicht gedacht, ich würd das je einem Mà¤dchen sagen, aber bei dir ... Ein paar Kumpels von mir machen à¶fter mal Wettkà¤mpfe. Glaubst du ... würdest du gegen mich kà¤mpfen?" "žSo wie vor zwei Wochen?" "žGenau. Fast alles erlaubt. Jeder von uns zahlt zehn Euro Einsatz, die der Sieger kriegt. Die Leute, die zuschauen, zahlen zwei Euro. Vom Geld der Verlierer kriegt die Hà¤lfte der Sieger, die andere Hà¤lfte die, die auf ihn gewettet haben." "žOkay. Wann und wo?" "žWahrscheinlich im alten Bahngelà¤nde am Anfang der Weihnachtsferien." Lea war stolz, als Malú ihr davon erzà¤hlte. "žIch werde natürlich ein paar Mal auf dich wetten. Ja, und du musst damit rechnen, dass er sich auch seine Gedanken gemacht hat. Aber du kannst auch einige Griffe, die du beim letzten Kampf noch nicht konntest und hast auch einiges an Kraft in den Armen zugelegt. Von daher bin ich, wenn du keine Leichtsinnsfehler machst und er nicht mit và¶llig neuer Technik kà¤mpft, eigentlich sicher, dass du wieder gewinnst." Malú wollte dennoch beim nà¤chsten Treffen der Là¶winnen wieder mit Laura üben. Die gewann zwar erneut fünfmal hintereinander problemlos, fand aber: "žWenn du den letzten Kampf gegen diesen Murat gewonnen hast, und nicht durch àœberraschungseffekt, dann den nà¤chsten erst recht. Du hast im letzten Monat unheimlich zugelegt, sowohl was Kraft als auch was Technik angeht." Malús Video von ihrer Lehrstunde für Carlos gefiel den Freundinnen. Lea mahnte sie allerdings, keine Techniken weiterzugeben, die sie von anderen Là¶winnen gelernt hatte. "žGrundregel: Wir bringen einander alles bei, was eine von uns woanders lernt, aber keinem anderen etwas, was wir voneinander gelernt haben. - Ich meine, dein Bruder ist für niemand von uns ein Problem, aber grundsà¤tzlich. Reines Karate, okay, aber nichts, was wir üben." "žClaro. Verstanden." "žàœbrigens, apropos Lehrfilme und unsere Techniken", warf Laura ein. "žDa waren wir in letzter Zeit ein bisschen nachlà¤ssig, Mà¤dels!" "žWas meinst du?", wollte Malú wissen. "žWir müssen unsere eigenen Techniken stà¤ndig weiterentwickeln, damit wir auch gegen Leute, die selbst gute Kampfsportler sind, gewinnen. Eine Mà¶glichkeit ist zum Beispiel, dass wir Videos aufnehmen, zum Beispiel eines, wo ihr beide Karate macht. Ich überlege mir dann beim Anschauen, wie ich mich mit Taekwondo dagegen wehren kann und zeige euch beim nà¤chsten Treffen, was rausgekommen ist. Das gleiche umgekehrt und die Lisa macht dasselbe mit Kung Fu. Und davon ausgehend entwickeln wir eigene, kombinierte Techniken." Lea und Lisa nickten. Lea schlug Malú den kommenden Freitagabend als Termin vor, was diese annahm. Zwischendurch ging Laura einmal zum Rauchen auf den Balkon. Malú folgte ihr. "žDu rauchst auch?", wunderte sich Laura. "žManchmal. Vor allem aber ... ich muss ... ich mà¶chte mit dir reden." "žWarum?" Laura gab Malú Feuer. Die nahm einen tiefen Zug. "žIch weiàŸ nicht ... du kennst Lea sehr gut?!" "žSeit dem Kindergarten eigentlich." "žIch weiàŸ nicht ... Lea ... wir sind sehr gute Freundinnen" Malú wurde rot. "žAber vielleicht ... ist da mehr." "žDu meinst ... ?! Bist du lesbisch?" "žBis jetzt habe ich immer gedacht, nein. Aber jetzt bin ich nicht mehr sicher." Laura nahm ebenfalls einen tiefen Zug, inhalierte den Rauch und blies ihn anschlieàŸend aus. "žAlso erst einmal: Soweit es um dich geht, hab ich kein Problem damit - vorausgesetzt, du hast keins damit, dass ich nicht lesbisch bin und die Lisa auch nicht. Was Lea betrifft ... nun, das wird eine là¤ngere Geschichte. Wenn du willst, kà¶nnen wir am Wochenende mal miteinander reden. Kannst gern bei mir vorbeikommen." "žOkay, danke!" Lea und Malú küssten sich weiterhin zur BegrüàŸung und zum Abschied auf den Mund und hielten manchmal auch wà¤hrend des Unterrichts Hà¤ndchen. Auch der Freitagnachmittag begann mit einer là¤ngeren BegrüàŸungszeremonie, ehe sie in ihre Kampfanzüge schlüpften und sich einander gegenüber stellten. Lea brachte die Notebookkamera in Position. "žErst einmal ein paar àœbungen ohne Gegner, dann normale Kampfsituation, aber spà¤testens nach vier Schlà¤gen pro Person brechen wir ab. Erst zum Schluss kà¤mpfen wir regulà¤r. Laura und Lisa müssen die Chance haben, genau nachzuverfolgen, was passiert." So geschah es. Malú war schon stolz darauf, dass sie die Demonstrationen mit je vier Angriffen überstand. Sie selbst traf Lea zweimal mit der Faust, doch die Freundin blieb fast unbeeindruckt stehen, obwohl der Schlag hart knallte. Im Kampf beschà¤ftigte sie Lea là¤ngere Zeit durch ihre Schnelligkeit, traf auch einige Male, war am Ende jedoch chancenlos: Lea gelang es, sie zur Wand zu drà¤ngen, sodass Malú deren harten Schlà¤gen und Tritten hilflos ausgeliefert war und k.o. ging. Sie blieb jedoch nicht lange liegen und als Lea sich besorgt niederbeugte, schlug sie bereits wieder die Augen auf. "žDir ist nichts passiert, hoffe ich?!" Malú schüttelte den Kopf. "žUna leona no ... eine Là¶win kennt keinen Schmerz." Lea schaltete die Kamera aus. "žDarf ich dich munter machen?" Sie küsste Malú, massierte deren Verletzungen und führte ihre Hand unter den Anzug an deren Bauch. "žDu hast mich auch zwei, dreimal ordentlich erwischt. Wer das abkriegt und nicht damit rechnet, hat schon verloren. Toll gemacht!" Beim anschlieàŸenden Duschen und Umziehen kam es zu einigen intimen Szenen, doch weder Lea noch Malú stellte die direkte Frage nach dem Verhà¤ltnis zueinander. Fast pünktlich fand sie sich am Samstag bei Laura ein. Die bot ihr Kaffee und selbstgemachte Kekse an. "žAlso, was ist so kompliziert wegen Lea?", wollte Malú wissen. "žIch vermute schon lange, dass sie mindestens ein bisschen bi ist. Du darfst ihr das übrigens auch sagen: Sie weiàŸ, dass ich das denke; Là¶winnen schenken sich nichts. Das war schon früher, als sie noch mit uns auf dem Gymnasium war, da hat sie auch immer gefragt, ob ich sie lieber mag oder die Lisa. Und, ja, sie küsst schon ganz gern oder fasst dich auch am Busen an. Ich hab ihr einige Male gesagt, sie soll das sein lassen und inzwischen macht sie es auch nicht mehr." "žDu glaubst also, dass ... Ein bisschen bin ich auch von ihr verliebt." "žIn sie verliebt meinst du?! Wie gesagt, das ist eure Sache. Es gibt keinen Grund, dass eine Là¶win nicht lesbisch sein darf; es darf nur die Gruppe nicht darunter leiden - und da tue ich mich manchmal schwerer als ihr." "žWarum?" "žIch erzà¤hle meinem Freund natürlich nicht alles über uns. Und manchmal wird er ein bisschen eifersüchtig, wenn ich mit euch unterwegs war und nicht genau sage, was wir gemacht haben. AuàŸerdem kà¤mpfe ich auch gegen ihn und muss mich manchmal zusammenreiàŸen, dass ich ihm keine Là¶winnentricks zeige. Einige Male habe ich verloren, weil ich mir überlegt habe, ob ich eine bestimmte Attacke jetzt ausführen soll oder nicht." "žMacht er auch Taekwondo?" "žJa. Und er ist vom Niveau her etwa gleich gut wie ich. Manchmal gewinne ich gegen ihn, aber ich muss mich schon voll konzentrieren. - Aber zurück zu euch: àœber die Lea kann ich das sagen, weil wir uns seit bald zehn Jahren kennen. Und dich habe ich heute eingeladen, damit wir uns ein bisschen besser kennenlernen. Bevor ich dir irgendwelche Tipps geben kann: Hattest du schon einmal einen Freund?" "žNicht ... fest, sagt man, oder?" "žJa. Also One-Night-Stands oder so, oder nur rumgeknutscht?" "žRumgeknutscht, ja. Geschlafen mit einem Jungen nicht." "žIch zum ersten Mal mit meinem jetzigen Freund. Bei den früheren ist's beim Küssen geblieben. - Und, wenn du dich erinnern kannst oder darüber sprechen willst: Hast du etwas gespürt dabei? Hast du jetzt bei der Lea etwas gespürt? Und vorher bei einem anderen Mà¤dchen?" Malú überlegte: "žJa, bei ein oder zwei Jungen, ja, bei Lea, nein, nie bei anderen Mà¤dchen." Laura legte die Stirn in Falten. "žDa musst du dir selbst wohl noch über einiges klar werden. Ich kann dir nur sagen, dass ich es für gut mà¶glich halte, dass Lea in dich verliebt ist und dass ich damit keine Probleme habe, solange ihr uns weiter mitspielen lasst und umgekehrt keine lesbischen Annà¤herungsversuche an Lisa oder mich probiert. Ich rate dir nur eins: Wenn du dir klar werden solltest, dass du von Lea nichts willst oder überhaupt nicht von Frauen, dann sag es ihr bald und sag es ihr deutlich. Ansonsten wird es ein ziemliches Problem für euch beide." Sie wechselten zu weniger intimen Gesprà¤chsthemen. Laura erzà¤hlte von sich, ihrer kleinen Schwester Sarah und darüber, wie sie als kleines Mà¤dchen gemeinsam mit Lea und Lisa mit Judo angefangen hatte und wie sie als Zehnjà¤hrige gemeinsam geschworen hatten, alles zu tun, damit kein Junge mehr gegen sie eine Chance hà¤tte. "žWir haben da zwei, drei Kampfsportarten gleichzeitig gemacht, aber bald gemerkt, das wird zu viel. Dann, spà¤ter, sind wir dazu übergegangen, dass wir verschiedene lernen und einander die wirksamsten Techniken beibringen. Ja, damit waren die Là¶winnen geboren. Inzwischen ist viel passiert, wir haben uns alle drei schon ein paar Male verliebt, aber die drei Grundprinzipien sind die gleichen geblieben." "žGrundprinzipien?" "žDas Wichtigste weiàŸt du: Wir zeigen den Jungs, wer stà¤rker ist. Wir haben nicht nur keine Angst, nachts durch die Stadt zu laufen, wir gehen absichtlich durch die gefà¤hrlichsten StraàŸen und ein Junge, der eine von uns angrà¤bt, kriegt eins auf die Schnauze. Ja, die drei Grundprinzipien: Erstens: Wir wollen immer besser werden; zweitens: wir halten zusammen; drittens: wir schenken uns nichts. - Wà¤re es nicht ein tolles Gefühl, wenn du irgendwann sagen kà¶nntest, es gibt drei, vier, fünf, je nachdem, wie viele wir noch aufnehmen, Personen, die eine Chance gegen dich haben - und genau die sind deine besten Freundinnen?" "žKlar wà¤re das." "žGut. Kennst du diese drei Prinzipien?" "žDie ja, aber die anderen ... " "žAlles andere hà¤ngt davon ab. Weil wir immer besser werden wollen, bringen wir alle Tricks und Techniken, die wir lernen, einander bei und machen uns gemeinsam Gedanken, wie wir sie weiterentwickeln, dagegen bringen wir nie anderen Techniken bei, die wir voneinander lernen. Deshalb sind wir auch nie zufrieden mit dem, was wir kà¶nnen. Ich schà¤tze, du würdest gegen mindestens 80 Prozent aller Jungen gewinnen, ich gegen über 90 Prozent. Das reicht aber nicht. 100 Prozent ist das Ziel. Weil wir zusammenhalten, verraten wir keine Geheimnisse voneinander und helfen einander. Wer eine Là¶win angreift, greift uns alle an und unsere Techniken bleiben geheim. Weil wir einander nichts schenken, aber auch, weil wir zusammenhalten, dürfen wir einander auch deutlich kritisieren und halten wir Kritik ebenso aus wie Schlà¤ge im Kampf. Und so wie wir zwar voll zuschlagen, aber einander nicht absichtlich die Knochen brechen, so sagen wir einander deutlich die Meinung, machen uns aber gegenseitig nicht fertig und reagieren nicht beleidigt aufeinander." "žOkay, ich verstehe." Laura erzà¤hlte auch, dass es früher noch mehr Là¶winnen gegeben hatte: "žDie Becky war am Anfang Gründungsmitglied, ist dann aber weggezogen. Die Lea und ich haben manchmal noch Facebookkontakt zu ihr. Und die Anja war ein paar Jahre dabei, hatte dann aber keinen Bock mehr wegen ihrem Freund. Und drei andere, wo wir gedacht haben, es geht, haben es nicht lang durchgehalten - bei uns geht es doch ein bisschen hà¤rter zur Sache als in einem normalen Training." Nach einer là¤ngeren Unterhaltung, bei der sie feststellten, dass sie einen à¤hnlichen Musikgeschmack teilten und dass Malú nur zwei von drei Klischees erfüllte, indem sie sich zwar für FuàŸball und Flamenco, jedoch eher wenig für Stierkampf interessierte. "žObwohl - es ist ein bisschen wie wir: Einer greift an, der està¤rker ist, du musst ihn richtig treffen." Spà¤ter schlug Laura vor, noch ein bisschen zu trainieren. Auch Laura hatte zahlreiche Gewichte und anderes Material im Keller. Sie lieh Malú ein T-Shirt und eine Turnhose: "žWenn wir es anstà¤ndig machen, werden wir schwitzen, wenn nicht, sind wir keine Là¶winnen." Im Keller zeigte sie Malú ein dickes Brett: "žDas muss ich für die Danprüfung durchschlagen. Und ich schà¤tze, du kannst das auch." Sie malte einen Punkt und einen Strich auf. "žAm Punkt machst du mit der Faust ein Loch, am Strich schlà¤gst du es mit der Handkante durch. So!" Sie demonstrierte es, nahm ein zweites Brett, markierte auch dies und legte es vor Malú. Auch die konnte das Brett mit der Faust durchschlagen. Ihr Handkantenschlag zerteilte das Brett dagegen nicht ganz. "žNicht schlecht, Malú. Es gibt einige, die sieben, acht Jahre trainieren und damit Schwierigkeiten haben. Aber wir sind eben die Là¶winnen. Schau!" Sie ging in einen Nebenraum, kam mit einer Betonplatte wieder, schlug darauf, dass es krachte. Bei ihrem zweiten Schlag brach die Platte in zwei Teile. "žWillst du das auch probieren?" Malú versuchte, konnte die Platte jedoch nicht durchschlagen, ja nicht einmal hà¶rbar zum Krachen bringen. "žMach dir keine Gedanken. Du hast noch nie einen Bruchtest gemacht und schlà¤gst gleich dicke Bretter durch und immerhin, du verletzt dich an einer Betonplatte nicht. Aber du erkennst den Unterschied zwischen normalen Kampfsportlerinnen und uns?!" Malú fühlte sich nun als hungrige Là¶win: Ihr wurde klar, dass der gleiche Schlag, mit dem sie ein mehrere Zentimeter dickes Brett durchschlagen konnte, Lea überhaupt nicht geschadet hatte. Sie merkte, wie stark sie einerseits war, wie haushoch jedoch immer noch den Freundinnen unterlegen. Sie brannte vor Ehrgeiz, dies aufzuholen und spürte gleichzeitig den Drang, ihre Kraft und Geschicklichkeit an irgendeinem Jungen auszulassen. Die Mà¤dchen zogen sich wieder um, da Lauras Freund Simon sich angekündigt hatte. Er war groàŸ und krà¤ftig und als er Laura küsste, spürte Malú einen leichten Anflug von Neid. In diesem Moment war ihr klar, dass sie mit Sicherheit nicht rein lesbisch empfand. Was Lea betraft, brachte sie dies allerdings keinen Schritt weiter. In der Adventszeit kam Malú in die Situation, dass sie ihre Techniken anwenden musste: Sie hatte einige Geschenke eingekauft - zwar schenkte man in Spanien erst am 6. Januar, doch Malús Vater würde in den Weihnachtsferien keinen Urlaub bekommen. Mit den vollen Tüten nahm sie eine Abkürzung durch die PrinzenstraàŸe zum Bahnhof. Sie erkannte, dass sie offenbar zumindest am Rande des Rotlichtviertels war - und das einzige Mà¤dchen, das hier unterwegs war. Dass ihr einige junge Mà¤nner nachpfiffen und eindeutige Bemerkungen machten, ignorierte sie. Auch als sich ein groàŸer Kerl ihr in den Weg stellte, versuchte sie erst, vorbeizukommen. Der Mann stellte sich allerdings so zwischen die Wand und einen geparkten Transporter, dass dies nicht mà¶glich war. "žKomm mit, Schà¤tzchen! Ich helf dir deine Sachen tragen, wenn du nachher ein bisschen nett zu mir bist." "žVergiss es! Ich bin nicht Nutte!" "žAch komm, sei nicht so!" Er griff nach ihrem Arm, doch sie zog ihn weg. "žGeh mir aus dem Weg und berühr mich nicht, sonst ... " "žSonst was?" Er streichelte sie über den Kopf. "žSonst Schlà¤ge!" Sie stellte die Tüten ab und ballte ihre Fà¤uste. "žUi, die kleine wird zickig!" Der Mann kicherte. Er war mehr als einen Kopf grà¶àŸer als Malú und auch unter dem Winteranorak war zu erkennen, dass er gewaltige Muskeln hatte. Wieder griff er nach ihren Armen, doch sie zog sie weg, holte mit dem rechten Arm aus und knallte ihm die Faust mit voller Wucht in den Solarplexus. Trotz Schutz durch seinen Anorak fiel er um wie ein nasser Sack. Jemand griff ihr von hinten auf die Schulter und flà¶tete: "žDann komm mit mir, SüàŸe!" Blitzschnell drehte sie sich um und trat mit Schwung zu. Der Bursche, der sie von hinten angefasst hatte, fiel auf einen anderen und beide blieben liegen. Der Riese, der sie zuerst angegriffen hatte, stand dagegen wieder. "žSo, nettes Spiel! Aber jetzt wird's ernst!" Er schlug zu, sie wich aus. "žDu willst Ernst? Dein Problem!" Mit einem High Kick befà¶rderte sie ihn zu Boden, wo er diesmal liegenblieb und mit einem Handkantenschlag gegen seine Kehle schlug sie ihn endgültig k.o. Sie grinste schadenfroh und machte ein Selfie, wie sie den FuàŸ auf den Bauch dieses Goliaths stellte. Dieses verschickte sie sofort an die anderen Là¶winnen, allerdings auch an Elena. Lea machte ihr am Abend scherzhaft Vorwürfe: "žDurch die PrinzenstraàŸe gehen und nichts sagen, das geht eigentlich nicht! Wenn, dann wollen wir alle unseren SpaàŸ haben", meinte sie. "žIn dem Moment hatte ich Angst, keinen SpaàŸ." "žDu hast keinen Grund, Angst zu haben. Merkst du, warum ich dir gesagt habe, bei der Party von deinem Bruder wà¤ren wir auch zu zweit mit allen fertiggeworden? Zwei oder drei hast du sofort, ein paar hauen ab und einer von zehn, wenn's hochkommt, ist ein echter Gegner. - Gut, es wird mal wieder Zeit für eine Aufrà¤umaktion in der PrinzenstraàŸe. Aber im Winter müssen wir erst vorfühlen." "žAufrà¤umaktion - von Typen wie denen? Gerne. Aber warum vorfühlen?" "žManche Kneipen haben recht fitte Türsteher oder rufen die Bullen, da kann man nicht einfach eine Schlà¤gerei vom Zaun brechen und da erlauben sich auch die Typen auch nicht alles. Da müssen wir mal schauen, welche das sind - und in den anderen mischen dann wir auf." Im àœbrigen genoss Malú die Adventszeit in Deutschland. Weihnachtsmarktbummel bei Frost, abgemildert durch warme Kleidung, die sie sich Anfang Dezember zugelegt hatte und einen gelegentlichen Becher Glühwein, fand sie angenehmer als solche bei strà¶mendem Regen, der um diese Jahreszeit Andalusien heimsuchte. Dennoch spürte sie, je nà¤her die Feiertage kamen, erstmals so etwas wie Heimweh. Erst am Vormittag des Heiligen Abends konnte die Familie nach Frankfurt fahren, wo das Flugzeug ging. Mittags in Barcelona gab es über zwei Stunden Aufenthalt, sodass es Abend wurde, bis sie Sevilla erreichten. Sowohl der GroàŸvater als auch Onkel Pedro waren mit dem Auto gekommen, um die vier Auswanderer abzuholen. Im Haus der GroàŸeltern gab es gutes Essen und viel wurde erzà¤hlt. Malú konnte stolz sein und wurde allgemein gelobt. Von ihren Abenteuern als Là¶win erzà¤hlte sie wohlweislich nichts. Am Weihnachtstag telefonierte sie mit Elena und verabredete sich mit ihr für den nà¤chsten Abend. Wie sie bereits über Facebook wusste, war die Freundin inzwischen in festen Hà¤nden: Sergio machte mit ihr gemeinsam Karate und bereitete sich auf den Schulabschluss vor. Einige Geschenke gab es schon heute. Malú fand auch die Zeit, sich erstmals die App anzuschauen, die ihr Lea geschenkt hatte. Sie war zweigeteilt in eine offizielle Lehr-App für Judo und in Griffe, die Lea und Laura gemeinsam demonstrierten - Würfe, die sie hà¤ufiger anwandten, wie sie sagten. Malú wartete am nà¤chsten Abend schon vor dem vereinbarten Zeitpunkt. Sie trug die Lederjacke und die hohen Stiefel, die sie bei der Shoppingtour mit Lea im Herbst erstanden hatte. In der Hand hielt sie eine Plastiktüte, die eine Flasche Whisky, eine Flasche Cola, mehrere Plastikbecher sowie eine Tüte mit Eiswürfeln enthielt. Elena und Sergio erschienen nach zehn Minuten. Malú hatte ihn schon gesehen, er war ihr allerdings noch nicht besonders aufgefallen. Sie umarmten sich zur BegrüàŸung, ehe Malú die Flasche à¶ffnete. "žHe, wieso zahlst du allein? Ich beteilige mich.", fragte Elena und schubste sie freundschaftlich. "žIch hab dir einige Botellones zu verdanken, SüàŸe und jetzt kann ich mich endlich revanchieren." Malú schenkte ein und sie stieàŸen an. "žUnd jetzt erzà¤hl. Wie ist es so in Deutschland?" "žKalt und ... anders eben. Aber eigentlich kann man mit den Leuten ganz gut umgehen, wenn man sich auf ihre Spielregeln einlà¤sst." "žPünktlich sein, Disziplin und so!" Sergio streckte den Arm hoch und grinste. "žUnd dich loben sie wegen Gewissenhaftigkeit. Du bist schon deutscher als manche Deutsche", fügte Elena hinzu. "žKann sein. Aber ich bleibe Spanierin: Diese Nacht gehà¶rt uns. Aber dort muss ich eben mitspielen - und es là¤uft ja ganz gut." "žHabe ich gehà¶rt. Aber sag - das mit dem Typen auf dem Foto ... Ich meine, dass du deinen Bruder zusammenschlagen kannst, lasse ich mir ja noch eingehen, aber der ... " "žHà¤tte ich vor ein paar Monaten auch noch nicht gedacht, dass ich eine Chance habe. Aber ich schwà¶re dir, es ist wahr." "žSchatz, wenn du ordentlich triffst, kannst du auch gegen einen Stà¤rkeren gewinnen", kommentierte Sergio. "žSie hat ja nicht Armdrücken gegen ihn gemacht, sondern ihn zusammengeschlagen. - Obwohl, Malú, du siehst gar nicht so aus wie jemand, vor dem man Angst haben müsste." "žMusst du auch nicht: Dem Freund meiner besten Freundin werde ich nichts tun. Aber ausprobieren solltest du es nicht." "žWas?" "žKà¤mpfen sowieso nicht, wie du gesehen hast. Armdrücken kannst du meinetwegen versuchen." Einige Neugierige drà¤ngten sich um die drei; Malú musste sich erst wieder daran gewà¶hnen, dass hier jeder Spanisch verstand. "žNa, jetzt übertreibst du aber!" "žWillst du es ausprobieren? Dort, auf dem Mà¤uerchen. Heute hat es kaum geregnet, da ist der Stein trocken und wir kà¶nnen niederknien. Traust du dich oder nicht?" Sein Stolz verbot Sergio, jetzt noch abzulehnen. Sie knieten sich einander gegenüber, den rechten Arm auf das Mà¤uerchen gestützt. Zuerst drückte Sergio nur mit halber Kraft, sodass Malú keine Probleme hatte, zu gewinnen. "žNochmal und diesmal zeig, was du kannst!", bestimmte sie. Er drückte diesmal mit voller Kraft, doch einige Zeit bewegte sich nichts. "žHast du schon angefangen?", fragte Malú spà¶ttisch und verstà¤rkte den Druck. Eine Sekunde spà¤ter lag sein Arm auf dem Mà¤uerchen. "žOkay, überzeugt. Wenn du so beweglich bist wie stark, dann mà¶chte ich nicht mit dir zusammenstoàŸen." Zum Beweis hob sie das rechte Bein, bis es eine gerade Linie nach oben bildete, drehte sich auf dem linken Bein um, landete auf der rechten Zehenspitze und schlug anschlieàŸend ein Rad, punktgenau an Sergio vorbei. Eine ganze Reihe anderer Jugendlicher, von denen Malú manche kannte, applaudierten. Im weiteren Verlauf des Abends behandelten vor allem die Jungen sie allerdings distanziert. Elena gab spà¤ter zu, die Fotos weitergegeben zu haben. "žDa haben wohl einige sehen wollen, ob du wirklich so viel drauf hast wie auf den Fotos. Als sie es gesehen haben, haben Sie Angst bekommen." "žNoch einmal und du liegst genauso da, meine liebe!", drohte Malú. "žNein, das wird sie nicht. Und wenn du mich zusammenschlà¤gst, aber nicht Elena!", widersprach Sergio. "žDas nenne ich Macho Ibérico! Gute Einstellung!" Sie schlug mit ihm ab. "žSo einen Freund hast du verdient!" In der Nacht fuhren sie mit dem Taxi nach Huelva, wo sie in einer Bar und spà¤ter in einer Disko versumpften. Auch dort trafen sie frühere Schulfreunde und Malú genoss es, diesmal diejenige zu sein, die spendieren konnte, auch wenn die Nacht für sie teuer wurde. Als dann allerdings Sergio die letzte Runde und die Heimfahrt übernahm, war sie auch nicht bà¶se. Sie verabschiedete sich von Elena und ihm, ging nach Hause, wo alle schon schliefen, auch ihr Bruder und verbrachte den nà¤chsten Vormittag im Bett - als die GroàŸmutter sie weckte, war es schon fast zwei und sie musste sich eine Moralpredigt anhà¶ren. Immerhin verteidigte der Vater sie mit Hinweis auf das in Deutschland erreichte. Sie stellte fest, dass sie eine SMS von Sergio hatte, der vorschlug, noch an diesem Wochenende gegeneinander zu kà¤mpfen. "žIch werde wohl keine Chance haben, aber ich kann von dir sicher lernen. Aber ich wollte dir das nicht vor Elena sagen."